Zurückweisung, Wut, Trennungsschmerz – geht eine Beziehung zu ende, herrscht oft erst einmal Gefühlschaos. Mut- und Antriebslosigkeit bestimmen den Alltag, die Gedanken sind nur schwer zu greifen und pendeln zwischen Trauer und Panik hin und her. Wenn nach einer Trennung die Emotionen durcheinandergewirbelt werden und das Herz langsamer ist als der Verstand, kann ein Abschiedsbrief helfen, für mehr Klarheit zu sorgen.
Das rät auch Beziehungstherapeut und Sozialpsychologe Boris Bergmann. Auf seiner Website unterstützt er Menschen dabei, Trennungsphasen zu überwinden. Die verletzten Gefühle und wirren Gedanken zu Papier zu bringen, kann laut ihm dabei helfen, endlich einen Strich unter das Geschehene zu ziehen.
Akzeptanz und Klarheit gewinnen
Einen Brief an den oder die Ex zu schreiben, kann in Teilen ein Versuch sein, sich zu verabschieden – von dem Plan, mit dem anderen Menschen durchs Leben zu gehen und einer Beziehung, die nicht mehr gut- sondern wehtut. Denn in dem Moment, in dem sich eine Person hinsetzt und einen Abschiedsbrief schreibt, ist klar, dass all die klärenden Gespräche und langen Diskussionen letzten Endes nichts gebracht haben. Mit dem Abschiedsbrief beginnt die Akzeptanz und das Loslassen im Kopf, wenn das Herz noch hinterherhängt.
Gleichzeitig kann der Abschiedsbrief ein Weg sein, über die eigene Verletzung hinaus zu schauen und die eigene Sicht auf die Trennung beim Schreiben zu entdecken. Durch die Schriftform wird man gezwungen, Dinge zu präzisieren und zu ende zu denken. Und das kann sehr oft sehr guttun. Durch das Schreiben des Abschiedsbriefes kann man Klarheit über die eigenen Gefühle gewinnen und sich selbst wieder neu verorten.
Einen neuen Narrativ finden
Letztlich hilft das Schreiben vor allem dabei, in Ruhe die Gedanken und gleichzeitig die Gefühle neu zu sortieren. Dabei, zu begreifen was passiert ist – und warum. Zu erkennen, wo der andere Fehler gemacht hat, aber auch den eigenen Anteil am Scheitern der Beziehung anzunehmen.
Vorsicht ist jedoch geboten bei Abschiedsbriefen, die im Kern nur als Vorwand dienen, noch einmal Kontakt zu seinem Expartner aufzunehmen. Auf eine Antwort zu hoffen, Wut rauszulassen oder Argumente darzulegen, um das Gegenüber doch noch umzustimmen, ist oft nicht sinnstiftend. Denn die versteckten Erwartungen, die an den Brief geknüpft sind, werden oft nicht erkannt oder ignoriert. Das Ergebnis ist dann doch nur Wut und Enttäuschung, statt Befreiung.
Nutze den Brief also als Möglichkeit, wirklich abzuschließend und am Ende zu wissen: Jetzt habe ich alles gesagt. Lass alles raus, schreib es dir von der Seele, egal ob die Trennung ein paar Stunden oder schon Jahre her ist. Denn am Ende geht es nur um dich und deine Gefühle. Und darum, dem Herzen beizubringen, was der Kopf schon verstanden hat.