Und wenn dir einer auf die Brille tritt, denk immer daran: Das Wesentliche ist für die Augen unsichtbar... ;)
Zuletzt hier: 28.01.2015Mitglied seit: 26.11.2011Geburtstag: 18.12 (2024)
Blog-Einträge von azawakhlover
Kommentare:
28.12.2011 - 21:18 h
Ungerechtigkeiten des Lebens
Meine Augen waren verschmiert. Die Schminke war verlaufen. Vorher hatte ich geheult wie ein Schlosshund, jetzt war ich nur noch wütend. Hastig stapfe ich durch die Gassen.
Schonwieder haben wir uns gestritten. Wir streiten uns ununterbrochen, Tag und Nacht.
Die Menschen rund um mich herum waren alle fröhlich, die Frauen plauderten miteinander auf der Gasse und tauschten die wichtigsten Neuigkeiten aus, die Männer sassen an runden Tischen, spielten Karten und hatten Spass. Aber ich war noch immer wütend und fragte mich, warum das Leben so ungerecht ist. In Windeseile rauschte ich vorbei an den tratschenden Weibern und den lachenden Männern. Jetzt war gerade gar nicht der richtige Zeitpunkt für mich, fröhlich zu sein. Denn ich war ja wütend. Und wenn ich schon einmal sauer war, dann wollte ich es auch so richtig auskosten. Immer wenn ich wütend bin, hinterfrage ich alles. Die ganze Welt sozusagen. Mein Leben ist so ziemlich das Ungerechteste, schien es mir in diesem Moment. Warum streiten wir uns immer und können nicht miteinander in Frieden leben? Alles ging schief, so wie immer.
Als ich jedoch, schnaubend vor Wut, um die Ecke raste, erblickte ich einen kleinen Jungen, der auf einem Stuhl sass. Von weitem schien er ganz normal zu sein. Doch als ich immer näher kam sah ich, dass es gar kein Stuhl war, sondern ein sonderbares Gefährt mit kleinen Rädern. Es war ein Rollstuhl. Aber kein gewöhnlicher. Er hatte sogar eine Kinnstütze und einen Sicherheitsgurt. Eine Frau, ich nehme an es war seine Mutter, stand hinter dem Jungen und sprach ihm zu.
„Hast du hunger? Schau mal dort hinten, der Luftballon. Ist er nicht schön, hm?“
Seine Augen drehten sich immer wieder gen Himmel. Er keuchte, sein Atem rasselte. Aus seinem Mundwinkel ronn immer wieder eine durchsichtige Flüssigkeit, die sich in langen Fäden bis auf seinen Pullover zog. Plötzlich gab er undefinierbare Geräusche von sich. Es war wie ein Bellen von einem Hund. Ich wich einen Schritt zurück. Obwohl ich nicht sehr nahe stand, beängstigten mich seine Geräusche. So etwas hatte ich noch nie gesehen, geschweige denn, gehört. Liebevoll strich die Frau ihm über den Kopf, dann über die Wange und küsste sie schliesslich ganz sanft. Darauf stiess er wieder solch seltsame, bellende Geräusche aus und wippte heftig in seinem Rollstuhl. Er schien sich zu freuen. Ich setzte mich auf eine Bank ganz in der Nähe der beiden und beobachtete sie. Die Frau war so unglaublich gut zu ihm. Sie sprach die ganze Zeit mit ihm, erzählte ihm Geschichten, zeigte immer wieder auf Gegenstände und erklärte ihm, für was sie gut sind. Mir kam es so vor, als hätte ich schon eine Ewigkeit dagesessen, als ich anfing, nachzudenken.
Ich fühlte mich plötzlich noch unwohler in meiner Haut, nicht aber wegen der Ungerechtigkeit in meinem Leben, nein, ich dachte an die Ungerechtigkeit im Leben des kleinen Jungen. Und ich fühlte mich schlecht. Wie konnte ich nur unzufrieden sein mit meinem Leben. Jetzt fragte ich mich, warum diese Frau lachen konnte. Ihr Sohn, schwerst behindert, nicht ansprechbar. Aber sie lachte trotzdem mit ihm. Warum war ich gerade noch einmal wütend? Ich wusste es gar nicht mehr. Im Gegensatz zu den Sorgen dieser Frau waren meine so klein, dass sie gar nicht erwähnenswert waren. Ich hatte in dieser Zeit völlig vergessen, warum ich mich eigentlich aufgeregt hatte. Aber es ist nur schon beschämend wenn ich denke, über was ich mich sonst so aufrege. Ich rege mich beispielsweise auf, wenn die Saftschubse im Flugzeug zuerst die andere Reihe bedient, der Lehrer mir einen halben Punkt abzieht, weil ich den Bruchstrich nicht auf Zeilenhöhe gemacht habe, wenn ich nicht so lange draussen bleiben kann, wie die anderen, wenn meine Freundin mir nicht zurückschreibt und so weiter und so fort. In diesem Moment kam es mir so vor, als regte ich mich mein ganzes Leben schon über kleine Unwichtigkeiten auf, anstatt mich dessen zu erfreuen, was ich hatte. Ich meine, wie glücklich könnten wir sein, dass wir gesund sind.
In den lauten Momenten des Lebens hätte ich über den vorherigen Satz nur mit den Augen gerollt und gelacht. Aber jetzt, in einem solch stillen Moment scheint die Tatsache, gesund zu sein, ein riesiges Geschenk zu sein. Wir können schimpfen, ausrufen und uns über Saftschubsen, Lehrer oder Eltern aufregen, aber was macht die Mutter des kleinen Jungen? Welche Wut wird sie haben? Warum gerade sie, wird sie sich fragen.
Alle diese Gedanken schwirrten in meinem Kopf herum. Ich war nun nicht mehr wütend, die Tränen um meine Augen waren getrocknet. Verschmiert waren sie zwar immernoch, die Augen, aber das war mir in diesem Augenblick egal. Ich scherte mich für einen kurzen Moment nicht um diese unwichtigen Sachen.
Und ich schaute, bevor ich mich erhob, noch einmal zu den Zweien. Sie standen noch so da wie vorher. Die Frau kitzelte ihn an der Seite und sein plumper Körper wippte wieder heftig im Rollstuhl vor und zurück. Er lachte. Und wieder verdrehten sich seine Augen. Das Leben ist so ungerecht, dachte ich mir.
Meine Augen waren verschmiert. Die Schminke war verlaufen. Vorher hatte ich geheult wie ein Schlosshund, jetzt war ich nur noch wütend. Hastig stapfe ich durch die Gassen.
Schonwieder haben wir uns gestritten. Wir streiten uns ununterbrochen, Tag und Nacht.
Die Menschen rund um mich herum waren alle fröhlich, die Frauen plauderten miteinander auf der Gasse und tauschten die wichtigsten Neuigkeiten aus, die Männer sassen an runden Tischen, spielten Karten und hatten Spass. Aber ich war noch immer wütend und fragte mich, warum das Leben so ungerecht ist. In Windeseile rauschte ich vorbei an den tratschenden Weibern und den lachenden Männern. Jetzt war gerade gar nicht der richtige Zeitpunkt für mich, fröhlich zu sein. Denn ich war ja wütend. Und wenn ich schon einmal sauer war, dann wollte ich es auch so richtig auskosten. Immer wenn ich wütend bin, hinterfrage ich alles. Die ganze Welt sozusagen. Mein Leben ist so ziemlich das Ungerechteste, schien es mir in diesem Moment. Warum streiten wir uns immer und können nicht miteinander in Frieden leben? Alles ging schief, so wie immer.
Als ich jedoch, schnaubend vor Wut, um die Ecke raste, erblickte ich einen kleinen Jungen, der auf einem Stuhl sass. Von weitem schien er ganz normal zu sein. Doch als ich immer näher kam sah ich, dass es gar kein Stuhl war, sondern ein sonderbares Gefährt mit kleinen Rädern. Es war ein Rollstuhl. Aber kein gewöhnlicher. Er hatte sogar eine Kinnstütze und einen Sicherheitsgurt. Eine Frau, ich nehme an es war seine Mutter, stand hinter dem Jungen und sprach ihm zu.
„Hast du hunger? Schau mal dort hinten, der Luftballon. Ist er nicht schön, hm?“
Seine Augen drehten sich immer wieder gen Himmel. Er keuchte, sein Atem rasselte. Aus seinem Mundwinkel ronn immer wieder eine durchsichtige Flüssigkeit, die sich in langen Fäden bis auf seinen Pullover zog. Plötzlich gab er undefinierbare Geräusche von sich. Es war wie ein Bellen von einem Hund. Ich wich einen Schritt zurück. Obwohl ich nicht sehr nahe stand, beängstigten mich seine Geräusche. So etwas hatte ich noch nie gesehen, geschweige denn, gehört. Liebevoll strich die Frau ihm über den Kopf, dann über die Wange und küsste sie schliesslich ganz sanft. Darauf stiess er wieder solch seltsame, bellende Geräusche aus und wippte heftig in seinem Rollstuhl. Er schien sich zu freuen. Ich setzte mich auf eine Bank ganz in der Nähe der beiden und beobachtete sie. Die Frau war so unglaublich gut zu ihm. Sie sprach die ganze Zeit mit ihm, erzählte ihm Geschichten, zeigte immer wieder auf Gegenstände und erklärte ihm, für was sie gut sind. Mir kam es so vor, als hätte ich schon eine Ewigkeit dagesessen, als ich anfing, nachzudenken.
Ich fühlte mich plötzlich noch unwohler in meiner Haut, nicht aber wegen der Ungerechtigkeit in meinem Leben, nein, ich dachte an die Ungerechtigkeit im Leben des kleinen Jungen. Und ich fühlte mich schlecht. Wie konnte ich nur unzufrieden sein mit meinem Leben. Jetzt fragte ich mich, warum diese Frau lachen konnte. Ihr Sohn, schwerst behindert, nicht ansprechbar. Aber sie lachte trotzdem mit ihm. Warum war ich gerade noch einmal wütend? Ich wusste es gar nicht mehr. Im Gegensatz zu den Sorgen dieser Frau waren meine so klein, dass sie gar nicht erwähnenswert waren. Ich hatte in dieser Zeit völlig vergessen, warum ich mich eigentlich aufgeregt hatte. Aber es ist nur schon beschämend wenn ich denke, über was ich mich sonst so aufrege. Ich rege mich beispielsweise auf, wenn die Saftschubse im Flugzeug zuerst die andere Reihe bedient, der Lehrer mir einen halben Punkt abzieht, weil ich den Bruchstrich nicht auf Zeilenhöhe gemacht habe, wenn ich nicht so lange draussen bleiben kann, wie die anderen, wenn meine Freundin mir nicht zurückschreibt und so weiter und so fort. In diesem Moment kam es mir so vor, als regte ich mich mein ganzes Leben schon über kleine Unwichtigkeiten auf, anstatt mich dessen zu erfreuen, was ich hatte. Ich meine, wie glücklich könnten wir sein, dass wir gesund sind.
In den lauten Momenten des Lebens hätte ich über den vorherigen Satz nur mit den Augen gerollt und gelacht. Aber jetzt, in einem solch stillen Moment scheint die Tatsache, gesund zu sein, ein riesiges Geschenk zu sein. Wir können schimpfen, ausrufen und uns über Saftschubsen, Lehrer oder Eltern aufregen, aber was macht die Mutter des kleinen Jungen? Welche Wut wird sie haben? Warum gerade sie, wird sie sich fragen.
Alle diese Gedanken schwirrten in meinem Kopf herum. Ich war nun nicht mehr wütend, die Tränen um meine Augen waren getrocknet. Verschmiert waren sie zwar immernoch, die Augen, aber das war mir in diesem Augenblick egal. Ich scherte mich für einen kurzen Moment nicht um diese unwichtigen Sachen.
Und ich schaute, bevor ich mich erhob, noch einmal zu den Zweien. Sie standen noch so da wie vorher. Die Frau kitzelte ihn an der Seite und sein plumper Körper wippte wieder heftig im Rollstuhl vor und zurück. Er lachte. Und wieder verdrehten sich seine Augen. Das Leben ist so ungerecht, dachte ich mir.
Kommentare:
Hi azawakhlover!
Deine Geschichte finde ich echt toll und sehr gut gelungen Das Thema Ungerechtigkeiten des Lebens ist in deiner Geschichte sehr deutlich.
Leider ist es so im Leben, dass wir Menschen vieles beklagen und nicht schätzen, was wir haben und wie gut es uns geht während es andren Menschen noch schlechter als uns geht und sie aber trotzdem übers ganze Gesicht strahlen.
Was mich interessieren würde: Wie bist du auf die Idee gekommen, die Geschichte zu schreiben?
Viele Grüße
*Flower*
Deine Geschichte finde ich echt toll und sehr gut gelungen Das Thema Ungerechtigkeiten des Lebens ist in deiner Geschichte sehr deutlich.
Leider ist es so im Leben, dass wir Menschen vieles beklagen und nicht schätzen, was wir haben und wie gut es uns geht während es andren Menschen noch schlechter als uns geht und sie aber trotzdem übers ganze Gesicht strahlen.
Was mich interessieren würde: Wie bist du auf die Idee gekommen, die Geschichte zu schreiben?
Viele Grüße
*Flower*
schöne geschichte, schön geschrieben... danke, dass du mich daran erinnert hast, ab und zu denkt man sich mal nebenbei, anderen geht es doch bestimmt schlechter, aber mehr dann auch nicht...
ich finde es toll, dass du dir die mühe gemacht hast das zu schreiben und ich finde es wichtig, nicht zu vergessen, irgendwann einmal, vielleicht auch kurz mal zu sprüren, zu denken, und sich selbst zu sagen, wie gut es einem eigentlich gerade geht , denn das vergisst ein mensch schnell. wir bemerken meistens nur die veränderungen und beklagen uns über das schlechte, aber das gute loben wir zu selten. allein aus respekt und anerkennung sollten wir uns darüber freuen, dass wir wirklich gesundt sind. alles andere, wäre anderen, denen nicht alle möglichkeiten gegeben sind gegenüber unmoralisch. danke für deinen text
ich finde es toll, dass du dir die mühe gemacht hast das zu schreiben und ich finde es wichtig, nicht zu vergessen, irgendwann einmal, vielleicht auch kurz mal zu sprüren, zu denken, und sich selbst zu sagen, wie gut es einem eigentlich gerade geht , denn das vergisst ein mensch schnell. wir bemerken meistens nur die veränderungen und beklagen uns über das schlechte, aber das gute loben wir zu selten. allein aus respekt und anerkennung sollten wir uns darüber freuen, dass wir wirklich gesundt sind. alles andere, wäre anderen, denen nicht alle möglichkeiten gegeben sind gegenüber unmoralisch. danke für deinen text