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Die Kunst im Zuhören besteht darin, das Gesagte zu fühlen und das Ungesagte zu spüren.
Da gibt es eine Stimme, die keine Worte benutzt. Höre ihr zu.
Dafür kehrt auch der Gruselclown zurück, danke USA.

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Zuletzt hier: 02.12.2013Mitglied seit: 13.01.2009Geburtstag: 29.7.1985 (39)

Blog-Einträge von higher
03.12.2009 - 11:50 h Am Fluß
Es wird Abend, siehst du auch die alten Weiden dort am Fluß?
Komm, in ihren Schatten kühlst du deinen müden Fuß,
wie die Weiden ihre Zweige, sieh, wie dicht sie sind und schwer.
Für die Nacht sind wir geborgen,
unsre Ängste vor dem Morgen
trägt der Strom bis in das Meer.
Und es kämmt ein sanfter Wind das grüne Haar der Trauerweiden.
Hörst du auch die Stimme, dieses Raunen überm Fluß?
Lauschen will ich, nur nicht fragen, was wird aus uns beiden?
Weil ich weiß, daß ich mich vor der Antwort fürchten muß.
Diese Glut am Horizont, und die Luft, die brandig riecht;
trüber Dunst vom andern Ufer, der zu uns herüberkriecht.
Laß uns ruhig warten, später, wenn der Wind sich dreht,
wirst du so wie ich erkennen,
daß nur Stoppelfelder brennen
und nur die Sonne untergeht.
Und es kämmt ein sanfter Wind das grüne Haar der Trauerweiden.
Hörst du auch die Stimme, dieses Raunen überm Fluß?
Lauschen will ich, nur nicht fragen, was wird aus uns beiden?
Weil ich weiß, daß ich mich vor der Antwort fürchten muß.
Nahes Rufen, Hundebellen, und jetzt fällt ein Schuß.
Mein Knie, es schmerzt,es fallen rote Tropfen in den Fluß.
Nein, noch fließt kein Blut, der Krampf löst sich in meinem Bein.
In den Ufersand geflossen,
ungeschickt von mir vergossen,
ist nur der Rest von unserm Wein.
Und es kämmt ein sanfter Wind das grüne Haar der Trauerweiden.
Hörst du auch die Stimme, dieses Raunen überm Fluß?
Lauschen will ich, nur nicht fragen, was wird aus uns beiden?
Weil ich weiß, daß ich mich vor der Antwort fürchten muß.
Kennst du das Lied von jenem Weisen, der am Wasser saß,
nach Jahr und Tag die Namen seiner Feinde fast vergaß
und sie am Ende tot im Strom verübertreiben sah?
Aber nein, wir sind nicht weise,
unsre Feinde - sprich jetzt leise! -
leben, und sie sind ganz nah.
Und es kämmt ein sanfter Wind das grüne Haar der Trauerweiden.
Hörst du auch die Stimme, dieses Raunen überm Fluß?
Lauschen will ich, nur nicht fragen, was wird aus uns beiden?
Weil ich weiß, daß ich mich vor der Antwort fürchten muß.


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03.12.2009 - 11:49 h Hotel zur langen Dämmerung
An tausend Meilen hast du heut schon hinter dich gebracht.
Es ist spät, du suchst und findest eine Bleibe für die Nacht.
Von alldem, was du schon gesehn und nicht begriffen hast,
bist du todmüde, sehnst dich nur nach einer langen Rast.
Dies Hotel, die trübe Funzel in dem engen Korridor
kommen dir, als du dich umsiehst, schon nicht ganz geheuer vor.
Und dann weißt du es genau, als du die Zimmertür aufschließt,
daß du vor langer Zeit schon einmal hier gewesen bist.

Ref:

Schlaf nicht ein im Hotel zur langen Dämmerung bleib wach.
Denn der Atem toter Seelen staut sich unter diesem Dach
und frißt sich, wenn du schläfst, so tief in Hirn und Lungen fest,
daß du dieses Haus nur sterbend oder tot wieder verläßt.


Und du sitzt und wachst und wartest, doch die Zeit will nicht vergehn.
Und dir ist, als könntest du auf einmal durch die Wände sehn.
Siehst ein Zimmer, so wie deins, und ein Junge kommt herein.
Du erschrickst und meinst, du selber könntest dieser Junge sein:
Große Füße, große Augen, von zu Hause durchgebrannt, Haar und Hosen viel zu kurz, wie es noch brauch ist auf dem Land,
alles liebend ohne Furcht, was neu und fremd ist um ihn her.
Und du fragst dich, ob du je so jung gewesen bist wie der.


In dem Raum gleich nebenan siehst du dich als alten Mann,
einsam und verbittert, krank und ohne einen Zahn.
Und er wackelt mit dem Schädel, hält die Bibel auf den Knien,
seine dürren Spinnenfinger blättern aufgeregt darin.
Ganze Sätze streicht er aus mit dem Rotstift in der Hand
und schreibt dafür böse flüsternd wilde Flüche an den Rand.
Und schon bluten seine Finger, zucken weiter wie im Krampf,
du gibst ihm noch eine Stunde, und dann endet dieser Kampf.


Auch der Junge schläft noch nicht, nimmt sein Instrument und spielt.
Dazu schreibt er etwas auf, bringt in Reime, was er fühlt.
Falsche Töne, schlechte Verse - es ist gleich wie gut er's macht.
Denn nur schreibend, spielend, singend übersteht er diese Nacht.
Das macht durstig, und er dreht an dem Wasserhahn, der spritzt
etwas aus, was nach dem riecht, das ein Sterbender ausschwitzt.
Und du wünscht dir, daß er statt zu trinken in das Becken schifft.
Und er tut´s und bleibt für diesmal noch verschont von diesem Gift.


Deine Uhr zeigt erst auf drei, sie blieb schon vor Stunden stehn.
Sie schläft den langen Schlaf und wird nie mehr wieder gehn.
Es wird Morgen. Junge, nimm jetzt deine Brocken, du mußt fort.
Da ist ein Park mit einem Brunnen, trink und wasch dich dort.
Du wirst doch noch andre finden, die sind auch so jung wie du.
Die erklären dir die Welt, höre ihnen ruhig zu.
Dann wirst du weiterziehn, viel sehn, doch das wenigste verstehn,
und nach Jahren vielleicht nochmal über diese Schwelle gehn.


Dann schlaf nicht ein im Hotel zur langen Dämmerung, bleib wach.
Denn der Atem toter Seelen staut sich unter diesem Dach
und frißt sich, wenn du schläfst, so tief in Hirn und Lungen fest,
daß du dieses Haus nur sterbend oder tot wieder verläßt.



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